Details
Von links nach rechts (Abb.2): L ist eine (von zwei) Wicklungen eines uni- oder bipolaren Schrittmotors. Sie liefert bei Drehung der Achse eine Induktionsspannung, die zwischen einigen zehntel bis hin zu einigen zehn Volt liegen kann. Die zwei antiparallel geschalteten Dioden begrenzen diese Wechselspannung zwangsweise auf unter 1 Volt-Spitze-Spitze.
Ab einer bestimmten Drehgeschwindigkeit bewirken diese Dioden eine "taktile Rückmeldung", oder salopp gesagt, sie schließen die Wicklung kurz, was man als sanfte Bremswirkung spürt. Solange der Schrittmotor nur von Hand betätigt wird, und nur dafür ist die vorliegende Schaltung gedacht, fließen kaum nennenswerte Kurzschlussströme, sodass zur Begrenzung eine kleine 1N4448 (Imax=100mA) ausreicht. Ohne Schutzdioden kann die Schaltung keinesfalls betrieben werden, da Logikschaltkreise bei den hohen Induktionsspannungen nicht sehr viel Spaß verstehen...
Man beachte, dass die Wicklungen des Schrittmotors in diesem Konzept "floatendes Potential" gegenüber Masse haben und mit den Eingangsstufen galvanisch, also ohne Koppelkondensatoren, verbunden sind. Diese Kopplung hat den Vorteil, dass praktisch keine untere Frequenzgrenze existiert, ab der die Empfindlichkeit der Eingangsstufen wieder nachlassen würde. Nein, hier hängt die Empfindlichkeit für besonders langsame und feinfühlige Drehbewegungen praktisch nur von der Stufenverstärkung ab.
Die ersten NAND-Gatter a und b des CMOS 4011 sind daher als hochohmiger (Differenz-)Verstärker zweckentfremdet. Symmetrische Verstärkung macht die Stufe unempfindlich gegen Gleichtaktstörungen, wie etwa "Netzbrumm".
Ein Gegenkopplungswiderstand reicht, um die Arbeitspunkte von je zwei korrespondierenden Gattern stets "auf der Kippe" zu halten (DC-Kopplung über die Spule!) Diese Eingangsstufe hat etwa 200fache Spannungsverstärkung. Die 100nF-Kondensatoren im Gegenkopplungszweig sind zwingend erforderlich, um ein hochfrequentes Aufschwingen zu verhindern. Kondensatoren gegen Masse blocken höhere Frequenzen "von außen". Schon bei wenigen Kilohertz lässt die Verstärkung nach. Auf die "Performance" als Drehgeber hat dieser Tiefpaß-Charakter keinen Einfluss, da der Schrittmotor schon recht hektisch bewegt werden müsste, um Signale im kHz-Bereich zu liefern - dann aber wird der Pegel ohnehin mehr als ausreichend sein.
An den Ausgängen stehen nun, gegentaktig, mehr oder weniger steile Signalflanken mit nahezu Logikpegel an. Zuguterletzt machen die Gatter c und d nach Art eines R/S-Flipflop aus diesem gegentaktigen Signal ein sauberes Rechteck. Dieser Teil wirkt wie ein Schmitt-Trigger mit sehr breiter Hysterese. Sein Ausgangssignal Q sollte selbst zu anspruchsvollen Digitalschaltungen kompatibel sein.
Nachbau
Die Aufbauvariante nach Abb.1 mag als Anregung dienen. Ein hübsches und erprobtes Platinenlayout liegt nun ebenfalls vor.
Wegen der überschaubaren Anzahl von Bauteilen habe ich auf eine Stückliste verzichtet...
Abb. 3: Layoutvorschlag und Bestückungsplan 200dpi (Zum Sichten in Originalgröße und Sichern auf Festplatte - einfach auf die Grafik klicken!)
|

|
Anmerkungen, Tipps
Die kleine Schaltung kann aufgrund minimalen Strombedarfs (1.5mA@5V) problemlos über die Hauptschaltung mitversorgt werden. Dank CMOS Technologie ist ein breiter Betriebsspannungsbereich nutzbar. Getestet habe ich dies mit 5, 6 und 12V. Der Drehgeber wurde erfolgreich in diversen Projekten, unter anderem als Ersatz für einen echten Opto-Drehgeber in einem Frequenzsynthesizer, eingesetzt.
Noch ein Hinweis zur Winkelauflösung: Sie ergibt sich wie üblich aus der meist angegebenen
Schrittweiteauf 360 Grad umgerechnet. So braucht beispielsweise ein Exemplar mit 1.8 Grad Schrittweite für eine volle Umdrehung 200 Schritte (360 : 1.8 = 200). Tja, diese Auflösung bezieht sich leider auf den
Halbschrittbetrieb. Als Drehgeber liefert so ein Exemplar nur 50 komplette Wellenzüge, mit Tricks ließe sich eine Auflösung von 100 Schritten pro Umdrehung erreichen. Damit liegt der zweckentfremdete Schrittmotor immerhin im Bereich dessen, was handelsübliche Opto-Drehgeber (z.B. der MB101/B50) bringen.
Anschlussbelegung unbekannter Schrittmotore feststellen:
Bipolar-Schrittmotore: Welche zwei Anschlüsse jeweils zu einer Spule gehören, das kann man recht zügig mit einem Multi- oder Ohmmeter feststellen. Nebenbei erfährt man auch gleich den Innenwiderstand der Spulen, was auch nicht ganz uninteressant ist, denn: Eine relativ hochohmige Spule hat in der Regel auch eine hohe Windungszahl (oder miserable Drahtqualität...) und dürfte daher auch eine vergleichsweise hohe Induktionsspannung liefern. Solche Exemplare sind als Drehgeber natürlich am besten geeignet, da sie schon bei zaghaftem Drehen gut auswertbare Signale abgeben.
Unipolar-Schrittmotore: Hier sind sechs Anschlüsse zu erwarten, zwei Spulen mit je einer Mittenanzapfung. Diese kann man ebenfalls durch Widerstandsmessung schnell identifizieren. Die mittlere Anzapfung hat gegenüber den beiden Enden etwa den halben Widerstandwert. Sie ist für den Betrieb als Schrittmotor-Drehgeber überflüssig, hier sollte man lieber die ganze Spule (höchster gemessener Widerstand) nutzen; das bringt die beste Empfindlichkeit.
Gelegentlich gibt es auch Unipolar-Schrittmotore mit fünf Anschlüssen. Hier wurden die Mittenanzapfungen beider Wicklungen zu einer Leitung zusammengefasst. Blöd auch, für'n Drehgeber dürfen die Spulen untereinander keine Verbindung haben. Solche Motore sind also nicht geeignet.
In der Regel sind Metallgehäuse und Spulen eines Schrittmotors elektrisch voneinander isoliert. Gut so, denn die Spulen dürfen in dieser Anwendung ohnehin keinen Massebezug haben. Stattdessen ist es empfehlenswert, das Chassis an Schaltungsmasse zu erden, um die Spulen auf diese Weise vor elektrischen Störfeldern zu schützen. Die Verkabelung zwischen Schrittmotor und Interface sollte wegen der hohen Signalverstärkung nicht unnötig lang sein. Besonders kurze Wege gibt's bei einer Montageart, wie in Abb.1 zu sehen.
Wenn es nicht anders geht, kann man auch für die Leitungen zum Schrittmotor geschirmtes Kabel verwenden (Habe das spaßeshalber mal mit 4-adrigem geschirmten Audiokabel von 3 Metern Länge ausprobiert - null Problemo :-)
Artverwandte Links
http://www.ee.ualberta.ca/~schmaus/elcts/stpprs.html
Interessantes von einem Ingenieurbüro ("Warum einfach, wenn's auch kompliziert geht!")
http://dse-faq.elektronik-kompendium.de/dse-faq.htm#F.29
Last revision on this document: 10/2003, 4/2004, 7/2004, 7/2005