LAN-Prioritätsschalter - zwei Rechner teilen sich einen Ethernet-Zugang exklusiv


Viele DSL-Router, die von Telekommunikationsanbietern zu günstigen Konditionen unters Volk gebracht werden, sind kleine Multitalente, doch der wichtige LAN-Anschluss ist bei "Einsteigermodellen" oft nur in einfacher Ausführung vorhanden. Wer aber mehrere Rechner über die sichere Kabelverbindung ans Netz bringen will, müsste schon einen stromfressenden Hub oder Switch nachschalten - und bekäme nebenher alle Vor- und Nachteile eines "Heimnetzwerks" aufgedrängt. Bei genau zwei Rechnern, die nicht zur selben Zeit online sein müssen, reicht im Grunde schon ein mechanischer LAN-Umschalter. Sowas gibt's fertig zu kaufen, aber die manuelle Bedienung kommt doch reichlich "retro" rüber. Hier eine automatisch schaltende Variante, die dabei hilft, Prioritäten zu setzen.


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Idee

Warum jemand in der guten Stube kein "WLAN" brauchen oder wollen könnte, steht hier nicht zur Diskussion. Da musste schon selbst drauf kommen, was an dem Drahtlosvernetzungswahn grundsätzlich falsch läuft! (Wer Funk kennt, nimmt Kabel...)

Hier geht's um eine robuste Lösung, die den kabelgebundenen Zugang zum Weltnetz für zwei richtige Computer regeln soll:
  1. Für's Internet steht ein Kabel/DSL-Router mit genau einem LAN-Anschluss zur Verfügung.
  2. Zwei Rechner sollen über diesen Anschluss online gehen können, müssen dies aber nicht zur selben Zeit.
  3. Wir möchten jeden unkontrollierten Datenaustausch zwischen den beiden Rechnern vermeiden.
  4. Der Hauptrechner muss den LAN-Anschluss immer bekommen, sobald er eingeschaltet wird.
  5. Der Nebenrechner soll den LAN-Anschluss nur dann bekommen, wenn der Hauptrechner nicht läuft.
Das sieht ja ganz nach einem Einsatzgebiet für einen LAN-Umschalter aus. Anders, als etwa beim Hub oder Switch, erfolgt die Zuteilung durch so einen Schalter exklusiv, das heißt, es kann zur gegebenen Zeit immer nur ein Teilnehmer mit dem LAN verbunden sein. Der andere Teilnehmer ist technisch vom LAN abgetrennt, und zwar so, als wäre sein Netzwerkkabel abgestöpselt. Er kommt nicht ins Internet und kann auch nicht mit anderen Rechnern übers LAN kommunizieren.

Wenn wir ohnehin keine Querverbindung zwischen den Rechnern wünschen, dann ist diese hardwarebasierte Trennung ein echter Gewinn für die Sicherheit. Sie verhindert zum Beispiel, dass Windows-Rechner andere lokale Netzwerkteilnehmer ausspionieren oder mit Schadsoftware infizieren. Sie begrenzt den Schaden, den ein Angriff aus dem Weltnetz anrichten könnte, sehr effektiv auf den einen Rechner, der gerade online ist.

Doch die Schalterei verlangt dem Anwender Disziplin ab. Ärgerlich, wenn wir das Umschalten vergessen haben, und erst im Salon feststellen, dass die LAN-Verbindung nicht steht. Und schon geht die Rennerei los ... Das könnten wir uns sparen, indem wir den Schaltvorgang direkt vom Betriebszustand des bevorrechtigten Computers abhängig machen: Bauen wir einen elektrisch betätigten LAN-Umschalter!

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Schaltung

Schaltplan: J. Thomas

Die Schaltung ersetzt einen mechanischen LAN-Umschalter für zwei Parteien. Für ein 10/100BASE-T-Ethernet sind die zwei Leitungspaare Tx und Rx zu schalten.

Anstelle eines 4-poligen mechanischen Umschalters nutzen wir zwei Miniaturrelais mit jeweils zwei Umschaltkontakten. Hier handelt es sich um gewöhnliche, monostabile und unpolarisierte Relais, die speziell zum Schalten von Kleinsignalen ausgelegt sind. Re1 schaltet das Tx-Leitungspaar (1+2), Re2 schaltet das Rx-Leitungspaar (3+6) jeweils vom LAN-Router (Modularbuchse X1) auf einen der zwei Ziel-Ports (X2 oder X3). Die Aufteilung der Signalpfade für Rx und Tx auf separate Relais garantiert minimales Leitungsübersprechen.

Das Steuersignal kommt vom USB-Port des bevorrechtigten Hauptrechners und gelangt über X4 zu den parallel geschalteten Erregerspulen von Re1 und Re2. Wird der Hauptrechner eingeschaltet, ziehen beide Relais an, und ihre Arbeitskontakte leiten den LAN-Anschluss des Routers (X1) an die LAN-Buchse für den Hauptrechner (X3) durch.

Wird der Hauptrechner ausgeschaltet, entfällt die USB-Spannung und die Relais fallen wieder ab. Dann geht der LAN-Anschluss vom Router (X1) über die Ruhekontakte auf die LAN-Buchse für den Nebenrechner (X2).

Die Freilaufdiode D1 vernichtet negative Spannungsspitzen, welche beim Abschalten der Magnetspulen entstehen, bereits an der Quelle, sodass wir uns nicht auf die Robustheit des USB-Ports verlassen müssen. Der Keramikkondensator C1 fällt ebenfalls in die Kategorie "Vorsorgeprinzip". Er schließt die Relaisspulen hochfrequenzmäßig gegen Masse kurz, sodass der Übergang von gegentaktigen Hochfrequenz-Störungen in beide Richtungen zuverlässig abgeblockt wird. Anmerkung: Tatsächlich konnte ich mit einem Tastkopf an den offenen Spulenenden keine Spuren von Ethernet-HF nachweisen. Das spricht für die differenzielle Übertragung und zeigt außerdem, dass die verwendeten Relais tatsächlich gute Symmetrie und HF-Tauglichkeit aufweisen. (Laut Datenblatt liegt die unerwünschte Querkapazität zwischen offenen Kontakten und zwischen Kontaktsatz und Spule bei weniger als 2 pF, was bei den infragekommenden Frequenzen komplett vernachlässigbar ist.)

Genial oder trivial? Egal! SO bekommen wir eine komfortable automatische LAN-Umschaltung mit Priorität für den Hauptrechner!

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Aufbauhinweise

Hochwertige Bauteile - sauber gefertigte Platine - handwerklich solide Ausführung.

Die Drahtbrücke unter Re1 muss zuallererst gesetzt werden, danach ist keine bestimmte Aufbaureihenfolge erforderlich.

Die empfohlenen Relais im gekapselten DIL-Gehäuse sind nach heutigen Maßstäben nicht einmal besonders hoch miniaturisiert. Das Bestücken geht ganz ohne Mikroskop bequem von der Hand...

Bei den 8P-Modularbuchsen gibt es größere Qualitätsunterschiede. Wir solltem hier nicht unbedingt die billigste Variante nehmen. Eine feste Verbindung zur Platine ist bei den Modularbuchsen extrem wichtig, damit mechanische Kräfte nicht etwa über die Lötpins, sondern über das Buchsengehäuse abgeleitet werden. Anderenfalls kommt es früher oder später zu Haarrissen auf der Platine, und wir dürfen uns mit Fehlern herumschlagen, die sich wie "kalte Lötstellen" verhalten und entsprechend schwer zu finden sind. Wir sollten die Modularbuchsen zusätzlich mit Sekundenkleber oder Heißkleber auf der Platine fixieren. Gegebenenfalls zum Schluss noch einmal alle Lötstellen erhitzen, um mechanische Spannungen zu lösen.

Abschirmung: Die Leitungsführung auf der Platine lässt sich nicht perfekt symmetrieren, sodass es in einem passiven Schalterkonzept immer Dämpfungsverluste durch Fehlanpassung und Hochfrequenz-Abstrahlung geben kann. Die gibt es allerdings auch in jeder normalen LAN-Anschlussdose. Ich empfehle, die Schalteranordnung in ein Metallgehäuse einzubauen.

Gehäuse-Erdung über USB-GND: Das Platinenlayout sieht vor, dass die Masseverbindung über eine der Befestigungsschrauben hergestellt wird. Zusätzlich können wir Geflecht vom USB-Kabel direkt an den Metallkörper des Gehäuses legen.

Für die Zuführung des Schaltsignals benötigen wir ein USB-Kabel mit Typ-A-Stecker und zwei offenen Drahtenden. Diese liefern USB-Strom (VBUS, Pin 1) und USB-Masse (GND, Pin 4) an X4 auf der Platine. Die Kabellänge sollte 2 Meter nicht überschreiten. Wenn wir das Kabel selbst konfektionieren wollen, brauchen wir einen USB-Typ-A-Stecker für Lötmontage und lediglich ein zweiadriges Kabel.
Oder wir nehmen ein handelsübliches USB-Anschlusskabel mit Typ-A-Stecker, trennen den Stecker am anderen Ende ab und legen Adern und Schirm frei. Wie gesagt, der LAN-Prioritätsschalter benötigt nur +5V (Rot) und GND (Schwarz). Die Datenleitungen D+/D- (Weiß/Grün) brauchen wir nicht, sie werden abgeknipst und isoliert. Doch halt - Die Farben sind laut USB-Spezifikationen lediglich Empfehlungen. Ich habe hier schon mehrfach USB-Kabel aus dem Rand des Rächerns aufgeschnitten und fand wunderschöne Pastelltöne vor, die nicht im Entferntesten auf das erwartete Farbschema schließen ließen. Oder die fiese Variante: die Farben wirken schlüssig, aber die Zuordnung stimmt nicht. Also lieber jede Ader "durchpiepsen" und mit der Soll-Anschlussbelegung vergleichen! Kommt billiger, als zerschossene Hardware. Dem Chinamann ist genau genommen gar kein Vorwurf zu machen, denn wenn die Stecker an beiden Enden richtig angeschlossen waren, passt's ja wieder...

Die reinen Bauteilekosten für dieses Projekt ohne Platine, Gehäuse und Verkabelung liegen unter 10 Euro.

Der Download enthält ein PDF-Arbeitsblatt mit Bestückungsplan und Stückliste, sowie das Platinenlayout.


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Inbetriebnahme

Alle verwendeten LAN-Kabel sind Standardkabel ("Cat.5" bzw. EIA/TIA-568A), 1-zu-1 durchverbunden (straight-through).

Der LAN-Prioritätsschalter sollte sich wegen der benötigten USB-Schaltspannung relativ nah beim Hauptrechner befinden, aber er muss sich nicht zwangsläufig in der Nähe des Routers befinden. Was die Länge der Netzwerkkabel betrifft, die können wir so verlegen, wie es für die Verbindung von Router zum Schalter und von dort zu den zwei Teilnehmern am besten passt. Laut Standard sollen LAN-Kabel ohne Regenerierverstärker bis zu 100 Meter überbrücken können. Genügend Spielraum auch für die etwas geräumigere Wohnung oder Villa. Also wirklich, wer braucht schon WLAN ...!



Bei Verbindungsproblemen sollte erst einmal getestet werden, ob diese nicht auch ohne Umschalter auftreten. Wenn es anscheinend doch am neu hinzugekommenen LAN-Prioritätsschalter liegt, stehen vergessene Drahtbrücken, Leiterbahnunterbrechungen, aber auch beschädigte oder verschmutzte Modularbuchsen ganz oben auf der Checkliste. Die Modularstecker von Netzwerkkabeln verstauben sehr gern. Probeweises Durchtauschen oder Reinigen wirkt manchmal wahre Wunder.

Nachdem der Schalter seine einwandfreie Funktion bewiesen hat, können wir die Platinenunterseite mit einem Schutzlack überziehen, der die feinen Leiterbahnen dauerhaft vor Korrosion schützt. Darauf achten, dass kein Lack oder Fett an die empfindlichen Federleisten der Modularbuchsen gelangt.

Viel Spaß!


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Anmerkungen


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Lizenz

Alle Materialien zum "LAN-Prioritätsschalter" sind gemäß Creative Commons Zero zur allgemeinen Nutzung für sämtliche private, wissenschaftliche oder kommerzielle Zwecke freigegeben. Die Nutzung aller bereitgestellten Informationen erfolgt auf eigene Gefahr.
Wer meine Arbeit unterstützen will, möge dies in Form von konstruktiver Kritik oder Geldspenden tun.

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07/2017, 08/2017