2018-09-19 | Gender me tender
Gender me tender
Damals®, zu meiner Abi-Zeit, war ja das Binnen-I der geile Scheiß. SchülerInnen, TerroristInnen und so weiter. Ich selbst habe es mit Vorliebe in SchülerInnenzeitungsartikeln verwendet, um Anschläge zu sparen (auf der Schreibmaschine), vor allem aber, um mich bei den Schnecken in der lokalen AntiFa-Gruppe beliebt zu machen. Mit mäßigem Erfolg. Als rebellischer Typ habe ich es aber natürlich auch in Aufsätze und andere Schriftstücke reingemogelt, die im Rahmen der Gymnasialdressur zu Papier gebracht werden mussten. (Ja, noch mit Stift und Papier, kann man sich sowas ausdenken?!!!) In Schreibschrift wirkte das Binnen-I aber leider ganz schön affig, störte komplett den Schreibfluss und wurde gelegentlich sogar als Fehler angestrichen. Mit der immergleichen Begründung, das sei momentan „keine DUDEN-Schreibweise“! Wobei unsere überwiegend linksliberalen (= Gegenteil von links) LehrerInnen den Fehlerpunkt oft gönnerhaft untern Tisch fallen ließen (= Gegenteil von Konsequenz). Das Binnen-I: Völlig ungeeignet, um irgendetwas zu bewirken...?
dann gab es diese phase, wo mir die durchgängige kleinschreibung durchaus sympathisch war, vor allem in maschinenschrift. das sah dann immer so schön nach künstlerszene oder radi aus... konnte man noch prima einen draufsetzen indem man sich zusätzlich einer spartanischen zeichensetzung bediente und indefinitpronomen wie 'man' durch 'mensch' oder gar 'jemand' durch 'jefrau' ersetzte sodass mensch am verschissenen schriftbild gleich sehen konnte ah ein linker komischerweise war diese konsequent antipatriarchalische und menschenfreundliche den natürlichen lesefluss respektierende und integrative schreibweise an der uni nicht mehr so gern gesehen überdies fand ich es n stück weit schade dass mit der durchgehenen kleinschreibung das binnen-i nicht mehr richtig funktionierte beziehungsweise alles verweiblicht wurde sozusagen generisches femininum durch die hintertür wenn das mal von den kampflesben nicht genau so geplant war!
Nur schlappe 30 Jahre später kommen die sogenannten Genderschreibweisen mit abwechslungsreichen Features, wie Doppelpunkt, Schrägstrich und Sternchen daher. Seriös und überzeugend jetzt! Kein Mensch käme auf die Idee, einen Doppelpunkt mitten im Wort als Störung des Leseflusses oder gar als Satzzeichen fehlzuinterpretieren. Und das besonders beliebte sogenannte „Gendersternchen“ verspricht im Computerzeitalter nun jede Menge Spaß beim Erstellen von geschlechtergerechten Dateinamen. Die Zeiten, wo wir bei Auslassungszeichen an alberne Obszönitäten dachten, sollten für den*die gereifte*n Spießer*innen nun auch verf* nochmal vorbei sein! Guckst Du hier (Top-Satireseite!): https://geschicktgendern.de/gendersternchen-anwenden/
Die Idee, mit einer künstlich geschaffenen Sprache das Denken über gesellschaftliche Verhältnisse und damit unmerklich die gesellschaftlichen Verhältnisse zu ändern, fand ich persönlich schon immer total genial, seit ich George Orwell's „1984“ gelesen hatte. Sind Euch die bahnbrechenden gesellschaftlichen Umwälzungen aufgefallen? Nein? Na bitte! Neusprech funktioniert. Ist viel besser und nachhaltiger, als auf politischen und organisatorischen Wegen durch Überzeugungsarbeit und Aktivitäten irgendwas erreichen zu wollen. Wer diesen revolutionären Ansatz nicht verstehen will oder ins Lächerliche zieht, ist ganz klar ein Sprachnazi. So sieht's nämlich mal aus!
Immer diese renitenten Richtigschreiber und Normalsprecher. Missbrauchen unsere Sprache frech als Mittel zur Verständigung unter Alltagsbedingungen... Alles alte weiße Männer mit patriarchalisch-sexistischer Grundeinstellung. Davon muss ich mich an dieser Stelle ausdrücklich distanzieren und fordere ja schon seit Langem: Mehr junge schwarze Frauen in praktischer sexy Hundestellung.